Linden (agl). Im Namen des Parlamentes dankte Stadtverordnetenvorsteher Ralf Burckart am Dienstagabend dem scheidenden Stadtbrandinspektor Harald Bott für sein großes Engagement.
Dies hat er 25 Jahre an den Tag gelegt, »im Landkreis Gießen die Nummer eins«, hob Burckart hervor. Bott sei damals sein Zugführer gewesen, als er selbst den Ersatzdienst bei der Feuerwehr absolviert hatte. Bürgermeister Jörg König schloss sich dem Dank an Bott an und zeigte sich erfreut, dass dieser der Lindener Wehr erhalten bleibt. In der Sitzung wurden außerdem Botts Nachfolger Thorsten Bücking sowie der neue Leihgesterner Wehrführer Marc Arnold als Ehrenbeamte vereidigt. Gleiches galt für den stellvertretenden Stadtbrandinspektor Harald Will und den Großen-Lindener Wehrführer Jens Wolfram, wobei es sich bei ihnen um eine Verlängerung des Ehrenbeamten-Status handelte, denn die beiden sind nicht neu auf ihren Posten.
Bis 60 hätte Bott noch als SBI wirken dürfen, doch bereits vor fünf Jahren hatte er angekündigt, das Amt in jüngere Hände geben zu wollen. Das ist nun mit der Wahl des 40-jährigen Thorsten Bücking geschehen. Im Gespräch mit der Gießener Allgemeinen Zeitung verglich Bott die Situation der Feuerwehr im Jahre 1989, als er zum SBI ernannt worden war, mit den heutigen Schwerpunkten und Herausforderungen.
Was sich in 25 Jahren änderte…
Ein Unterschied zur Zeit vor 25 Jahren sei, dass damals eine Frau zu den Lindener Einsatzkräften zählte, heute seien es neun. Wie kürzlich bereits in der gemeinsamen Dienstversammlung der Leihgesterner und der Großen-Lindener Wehr zu erfahren gewesen ist, setzen sich derzeit 85 Aktive ein. Damit ist die Zahl der Einsatzkräfte in der Ära Bott stabil geblieben, was durchaus als Erfolg zu werten ist. Er freue sich darüber, dass sich immer wieder junge Menschen und auch Quereinsteiger für die Arbeit der Feuerwehr begeistern, sagt Bott. Und das bei immer mehr Freizeit-Angeboten. Die Lindener Wehren verfügen, so der nun ehemalige Stadtbrandinspektor, über »eine gesunde Anzahl an Jugendlichen«. Zudem verweist er auf die Minifeuerwehr in Leihgestern. Stichwort Nachwuchsarbeit: Im Vergleich zu Ende der 80er Jahre habe auch die Brandschutzerziehung zugenommen. »Sie muss altersgerecht sein. Man sollte nicht den Kindern den Digitalfunk erklären.«
Damit wäre man beim Thema Technik. Als der gebürtige Fuldaer Bott im Jahre 1989 in Linden übernahm, wurde gerade die Gleichwelle beim Funk eingeführt. Mittlerweile wird auf besagten Digitalfunk umgerüstet. Stichwort Gefahrgut: Damals habe man »den Taschenrechner zum Auswerten« genutzt, heute verfüge man über einen Laptop, über den die Einsatzabteilung die wichtigsten Infos zusammenstellt. Die Fahrzeuge seien immer sicherer geworden, blickt Bott zurück, und die Ausrüstung für die Rettung nach einem Unfall habe mittlerweile einen größeren Umfang.
Aber auch bei den Einsatzkräften selbst habe sich einiges getan: So spielen die Fitness und das Bewusstsein für sie eine größere Rolle. Gleiches gelte für die Nachsorge nach Einsätzen, die unter die Haut gehen. Wenn die Feuerwehr beispielsweise nach einem Suizid auf den Bahngleisen gerufen wird, wenn sich ein schwerer Verkehrsunfall ereignet hat, wenn sich ein schlimmes Schicksal hinter einer Wohnungsöffnung verbirgt. Dann werde nicht geschwiegen sondern geredet, untereinander und auch über die Notfallseelsorge sowie das Kriseninterventionsteam. Das Bewusstsein für die Gefahr durch Atemgifte sei ein weiterer Aspekt, der sich intensiviert habe, konstatiert Bott. Bei seiner Amtsübernahme seien es 60 bis 70 Einsätze pro Jahr gewesen, mittlerweile seien es 100 bis 120. Gott sei Dank sei niemals einer der Feuerwehr-Aktiven während eines Einsatzes schwer zu Schaden gekommen, zeigt sich Bott erleichtert,
An einen Großeinsatz im Juli 2010 erinnert er sich besonders, obwohl er gerade auf der Fifth Avenue in New York unterwegs war. Da erreichte ihn die Nachricht, dass die Großen-Lindener TV-Halle brennt. Ein Blitz war in das Gebäude eingeschlagen, hatte einen Großbrand ausgelöst, die Feuerwehr hat bei der Bekämpfung große Arbeit geleistet.
Bott übergibt die Leitung der Feuerwehr zu einer Zeit, in der es, wie er sagt, mehr Vorschriften gebe als früher, die Verwaltungsarbeit zugenommen habe. Welche Herausforderung sieht der 56-Jährige, der weiterhin in der Großen-Lindener Feuerwehr seinen Dienst tun wird? Die Tagesalarmbereitschaft müsse weit oben auf der Agenda stehen. Es geht also um ein Konzept dafür, dass auch tagsüber immer genügend Einsatzkräfte bereit stehen, auch wenn einige Kameraden ganz woanders arbeiten. Die Problemlage verschiebe sich durch Schichtarbeit und andere Öffnungszeiten von Geschäften. Eine große Rolle spiele auch das Verhalten des jeweiligen Arbeitgebers. In der interkommunalen Zusammenarbeit sieht Bott einen Lösungsansatz, wobei die Ausbildung vor Ort gewährleistet sein müsse.
Diese und andere Aufgaben ruhen – oder lasten – nun auf anderen Schultern. Harald Bott wird der Lindener Feuerwehr erhalten bleiben, wenn auch nicht mehr in der allerersten Reihe. Seine Familie wird sich freuen.